31. Januar 2011

Popcorn #3 - Black Swan

 
Am 27. Februar werden im Kodak Theatre in Los Angeles wieder die Academy Award of Merit, besser bekannt als Oscar, verliehen. Einer der diesjährigen Favoriten ist der Psychotriller "Black Swan" von Darren Aronofsky. Neben Beste Kamera, Bester Schnitt und Beste Regie, ist er auch in den wichtigen Kategorien Beste Hauptdarstellerin und Bester Film nominiert. Definitiv Gründe für mich, mir diesen Film nicht entgehen zu lassen.

Am Samstag war ich unter anderem in Basel und besuchte dort das Pathé-Kino Küchlin (Bericht folgt). Nach zwei McDonalds-Werbespots in breitestem Baslerdialekt und den obligaten Vorschauen begann der Film, welcher bereits hohe Wellen der Begeisterung und Empörung ausgelöst hat.




Der Handlung dreht sich rund um eine Ballett-Company in New York. Der Direktor Thomas Leroy, gespielt von Vincent Cassel (bekannt als François "Nachtfuchs" Toulour aus Ocean's Twelve), sucht zur Saisoneröffnung eine Tänzerin für die Hauptrolle im berühmten Ballett "Schwanensee". Die Handlung dieses Stücks ist relativ simpel (und wird zum Glück im Film erklärt): Eine Prinzessin ist gefangen in einem Schwanenkörper, und nur die wahre Liebe kann sie retten. Dies scheint auch wahrscheinlich, da sich ein Prinz in den Schwan verliebt und sie so retten will. Jedoch wird dieser Prinz von einem schwarzen Schwan verführt, wodurch die Prinzessin alle Hoffnung verliert und sich selber umbringt.

Da in den letzten Jahren die Besucherzahlen im Ballett stetig gesunken sind, versucht Leroy die Aufführung interessanter zu machen, als das die Hauptrolle sowohl den weissen wie auch den schwarzen Schwan spielen soll. Dies wird für die junge Ballerina Nina Sayers (Natalie Portmann) zur grossen Herausforderung. Aufgrund ihrer Perfektion und Eleganz ist sie wie geschaffen für die Rolle des weissen Schwans, jedoch fehlt ihr Leidenschaft und Sinnlichkeit für die Verführungen des schwarzen Schwans zu spielen. Beim ersten Vortanzen wird ihr dies auch von Leroy bestätigt. Als sie ihn später jedoch um eine Aussprache bittet, küsst der Direktor sie unvermittelt wogegen sich Nina mit einem Biss in seine Lippen wehrt. Dies gefällt dem Franzosen und deutet dies als Ehrgeiz, welcher danach doch mit der Hauptrolle belohnt wird.

Gleichzeitig erscheint eine neue Tänzerin Lily, dargestellt von Mila Kunis (The Book of Eli), in der Company. Ihre lockere Art und die Ungezwungenheit zeichnen praktisch die Negativaufnahmen von Nina, welche erkennt dass die Neue perfekt den schwarzen Schwan spielen könnte. Dies treibt sie zu der Annahme, dass Lily ihr die Rolle wegnehmen möchte. Auch sonst wird Nina zunehmend von Ängsten und Halluzinationen geplagt. Ihre Mutter, welche sie streng erzogen hat, entdeckt auf dem Rücken eine aufgekratzte Wunde, welche im Verlaufe des Filmes immer grösser wird.

Mehr möchte ich aber über die genaue Handlung des Filmes nicht mehr verraten. Weil aus meiner Sicht die grobe Handlung des Filmes relativ durchschaubar ist, lebt dieser Film vor allem durch die Atmosphäre. Der Film beginnt relativ ruhig und erklärt auf lockere Art und Weise die grundsätzlichen Dinge und führt sämtliche wichtigen Personen des Films logisch aber ungezwungen ein. Man erhält nicht alle Informationen sofort auf dem Silbertablett serviert, lebt sich jedoch schnell in diese, für die meisten unbekannte, Welt des Balletts ein. Doch mit zunehmender Dauer werden auch die Bilder düsterer, die Handlung komplizierter und die Schreckensmomente häufiger. Häufig ist es schwer zu unterscheiden, was real passiert und was sich nur im Kopf der Protagonistin abspielt. Da sieht man nur aus dem Augenwinkel gemalte Bilder die einem mit den Augen folgen, hört Geräusche die beklemmend sind und die Spannung wird immer wieder von neuem aufgebaut.

Im ganzen Film gibt es nur wenige Schauplätze, da sich die Story meistens im Ballett-Theater oder zuhause bei Nina abspielt. Diese Orte sind jedoch sehr emotional, wenn auch beide sehr verschieden sind. Im Zimmer der Ballerina ist deutlich zu sehen, dass Sie noch immer ein Kind ist. Überall stehen Stofftiere und es ist in schlichtem Weiss gehalten. Auch das Verhalten ihrer Mutter, welche Sie jede Nacht zudeckt und sie umsorgt, zeigt unmissverständlich, in was für einer augenscheinlich heilen Welt das Mädchen lebt. Dagegen sind die kalten Gängen und Garderoben des Theaters weniger einladend und zeigen dem Zuschauer, dass hier hart gearbeitet wird.
Jedoch hat mich eine weitere Lokation im Film sehr beeindruckt, da diese überhaupt nicht zu den anderen zu passen scheint: die Disco. Nachdem Nina sich gegen den Willen ihrer Mutter durchgesetzt hat und mit Lily abends eine Bar besucht hat, treffen Sie zwei Typen. Sie nehmen zusammen irgendwelche Pillen und besuchen anschliessend eine Disco. Diese Szene ist mit schnellen rot-grün Lichtwechsel, basslastiger Technomusik und abrupten Blickwinkelwechseln untermalt und vermittelt den Kinobesuchern den Drogenrausch relativ intensiv.

Des Weiteren sind auch einige erotische bis pornografische Szenen enthalten, welche von der Hauptdarstellerin, Natalie Portmann, sehr vieles abverlangen. Diese Szenen wurden sehr kritisch von den Medien kommentiert, für mich sind diese jedoch nicht grenzwertig, sondern zeigen auf interessante weise die Entwicklung der Figur Nina.

Ok, ich gebe es ja gerne zu: Ich kann für die Leistung von Natalie Portmann keine objektive Wertung abgeben. Seit vielen Jahren gehört die 30-jährige zu meinen absoluten Lieblingsschauspielerinnen, vor allem durch ihre Leistung im Film "Garden State". Doch nun hat Sie selbst diese Leistung übertroffen. Sie spielt nicht nur die Ballerina, sie ist die Ballerina. Emotionen wurden selten so überzeugend dargestellt wie in diesem Meisterwerk. Praktisch in jeder Szene ist israelisch-amerikanische Schauspielerin zu sehen, wie der Filmkritiker Patrick Wellinski (kino-zeit.de) schreibt: "Sie ist der Film".
Auch die Nebendarstelle brillieren in ihren Rollen, auch wenn Vincent Cassel wieder einmal den Klischees der Franzosen entspricht. Mila Kunis dagegen nimmt man die Rolle der lockeren Lily ab. Zudem ist sie neben Natalie Portmann die zweite Augenweide im Film.

Filme welche bei den Oscars (voraussichtlich) abräumen, werden oft von Zuschauern überrannt, teilweise von Leuten, die nur sehr selten in einem Kinosaal anzutreffen sind. Nun stellt sich die Frage, ob der Film für jedermann zu empfehlen ist. Ich glaube nein... Black Swan ist keine leichte Kost, kein Sonntag-Nachmittag-Popcorn-Film, es ist ein Psychotriller der Extraklasse. Wer hier einen Tanzfilm mit Happy-End erwartet wird schwer enttäuscht. Die Zuschauer müssen sich bewusst sein, dass sie unappetitliche, angsteinflössende und sexuelle Szenen zu sehen bekommen, die noch einige Zeit nach dem Abspann nachwirken werden. Wer sich hierfür jedoch einlässt erhält als Belohnung ein Film der Extraklasse, der dank der Hauptdarstellerinnen bei mir einen persönlichen Spitzenplatz erreicht.
Auf einer Skala von 1 bis 10 erhält der Film von mir 9 Sterne. 
  
"Black Swan" gesehen im Pathé Küchlin Basel (Saal 3) am 29.01.2011 auf Deutsch

1 Kommentar:

rick filmproduktion fan hat gesagt…

wahnsinnsfilm! unbedingt ansehen!