31. März 2012

the black blog in Japan Teil 7 - Tag 4: Groundhopping-Spezial

Es ist Samstagnachmittag, im gut gefüllten Stadion warten die Fans voller Spannung auf das Spitzenspielt dieser Runde. Der Viertplazierte empfängt heute den Tabellenführer aus dem Norden. Nur zwei Punkte trennen die beiden Mannschaften, jedoch wurden auch erst 3 Runden gespielt. Auf beiden Seiten hinter den Toren stehen die jeweiligen Supporter mit den farbigen Bannern und den Fahnen. Heute heisst es Rosa-Blau gegen Gelb-Blau, es heisst Cerezo Osaka gegen Vegalta Sendai. Und es geht um meinen 12. Länderpunkt beim Groundhoppen!


Das heutigen Spiel: Cerezo Osaka vs. Vegalta Sendai
Der Morgen begann heute sehr spät, denn wir hatten unseren Handy-Wecker nicht gehört, sodass wir erst um viertel vor 10 aufwachten. Der Ärger um die verpasste Zeit war schnell vergessen, als wir einen kurzen Blick aus dem Fenster warfen: Es regnete Sturzbäche! Somit war die vormittägliche Besichtigung definitiv gestrichen. Da wir hier im Hotel nun kein Frühstück mehr gratis essen können, hatten wir uns am Vortag mit einigen Dingen eingedeckt und machten mit der im Zimmer aufgestellten Kaffeemaschine unser eigenes Frühstück. Danach ging es mit dem Hotelbus Richtung Stadt, wo mich meine Kollegin für Ihre Tagestour verliess. Ich fuhr weiter bis zum Bahnhof Kyōto wo ich mir die Reservation für den Zug bis zur Station Tennoji (in Osaka) geben lies. Mein Plan war es, ca. um 1 Uhr los zu fahren und ca. um 2 Uhr beim Stadion zu sein, was gemäss Google Navigation in etwa hinkommen könnte. Ich kam jedoch erst um 2 Uhr bei der Station Tennoji an und musste dort noch auf einen Regionalzug umsteigen. Nach drei Stationen war ich bei der Haltestelle Tsurugaoka, welche 5 Gehminuten vom Stadion entfernt ist. 


Am Stadion angekommen, suchte ich mit Hilfe eines Stewards das Ticketing auf wo ich für umgerechnet etwas mehr als 30 Franken ein Ticket für die Haupttribüne nahe des Gästesektors kaufen konnte. Gleich daneben fand ich noch einen Fanartikel-Stand der Gastmannschaft Vegalta, welche ich seit einem YouTube-Video favorisiere. Da die T-Shirtgrössen weit entfernt von meiner Grösse waren, kaufte ich einen Schal. Dieser, wie auch sämtliche anderen Fanschals die ich gesehen habe, bestand nicht wie bei uns aus Seide oder Wolle sondern aus Frottee. So ausgerüstet ging es sofort ins Stadion, da nur noch wenige Minuten bis zum Anpfiff blieben. Der ganze Sektor war mit bequemen Plasikschalen ausgestattet und es war Free-Seating. So setzte ich mich in etwa unter die Dachkante, da es bereits wieder nicht mehr regnete. Während der nächsten 90 Minuten änderte das Wetter aber mehrmals von bewölkt zu starker Regen, gefolgt von wärmenden Sonnenschein und eiskaltem Wind.


Kincho-Stadium in Osaka vor dem Spiel
Das Stadion Kincho ist eine interessante Konstruktion welche für 20‘000 Fans Platz bietet. Die Haupttribüne ist relativ gross und eher Flach gebaut mit einem Dach, das nur die obersten Sitzplätze zuverlässig vom Wetter schützt. Hinter dem Tor, stehen die Supporter der Heimmannschaft. Dieser Teil des Stadions ist äusserst klein und geschätzte 10 bis 15 Stufen breit und wird von einer hohen Wand hinten abgeschlossen. Die Gegentribüne ist auch nicht besonders gross und ungedeckt. Der Gästesektor schliesslich, befindet sich hinter dem zweiten Tor unter der sehr grossen Anzeigetafel. Dieser Bereich ist eine reiner Sitzplatz ohne Stufen oder ähnlichen, sonder nur ein leicht abfallender Schotterplatz über die ganze Länge. Direkt dahinter befindet sich interessanterweise ein Friedhof. Immerhin gibt es im Stadion keine Zäune weder zwischen noch vor den Sektoren. Hinter der Haupttribüne befindet sich ein Platz mit einigen Verpflegungsständen und anderen Geschäften. Dieser Platz ist jedoch nur ca. 30 Meter breit und anschliessend kommt gleich das Nagai-Stadium, eines der WM-Stadien von 2002 mit 50‘000 Sitzplätzen.

Spielszene


Das Spiel selber war auf sehr hohen Niveau. Richtig lanciert wurde es nach einer ca. viertelstündigen Abtastphase durch einen sehr gefährlichen Lattenknaller der Heimmannschaft. Dies rüttelte den Tabellenführer aus Sendai auf, welche von nun an das Spielgeschehen an sich rissen und mit vielen schönen und gefährlichen Aktionen im Strafraum glänzten. Cerezo musste sich in dieser Zeit mit allem wehren was Sie hatten was auch schon mal in einer gelben Karte endete. Als Vegalta schliesslich in der 34. Minute das verdiente Tor schoss, wurde es bis zur Pause jedoch wieder ruhiger auf dem Platz. Nach dem Seitenwechsel erstarkten die Gastgeber erst nach dem 2 Tor von Sendai, welches durch eine tolle Einzelaktion des Kapitän Shingo Akamine zustande kam. Man merkte ab der 51. Minute gut, dass sich nun die führenden Gäste immer mehr in die eigene Platzhälfte zurückzogen und die Zweikämpfe nicht mehr suchten. So kam es, dass nun Osaka das Spiel mehr und mehr dominierte und dringend das Tor suchte. Die Bemühungen wurden jedoch erst in der 85. Minute belohnt. Angetrieben durch diesen Erfolg und der langen Nachspielzeit von 5 Minuten wurde der Ausgleich mit allen fairen und unfairen Mitteln gesucht. Der Schiedsrichter hatte vor allem in der ersten Halbzeit einige strittige Entscheide, blieb aber in dieser Phase souverän. So endete das Spiel mit einem verdienten 1:2 und Sendai festigte so Ihren Tabellenplatz an der Spitze. Das beim Sport der Anstand nicht zu kurz kommt, sah man nach dem Abpfiff, den alle Spieler und die Schiedsrichter stellten sich in einer Reihe auf (wie vor dem Spiel) und verneigten sich vor der Haupt- und Gegentribüne, bevor die Mannschaften zu Ihren Fans hinter dem Tor liefen.

Vegalta Sendai-Fans am singen


Apropos Fans: Ich hatte sehr grosse Erwartungen aber auch Fragezeichen betreffend der Fanszene in Japan, insbesondere der Supporter aus Sendai. Dies waren leider nicht so viele wie erhofft, doch aufgrund der Distanz zwischen Sendai und Osaka waren die ca. 120 bis 150 Away-Supporter doch recht respektabel. Vor allem akustisch war ich von dieser kleinen Gruppe positiv überrascht. Ihr Liedgut beinhaltete ca. 12 verschiedene Schlachtrufe, welche meisten angenehm ausdauern und laut gesungen wurden, teilweise sehr passend zum Spielgeschehen. Fahnen waren leider nicht viele zu sehen, abgesehen von den schönen Zaunfahnen inkl. dem tollen Banner mit der Aufschrift „It’s only Football, but we like it!“. Zum Intro gab es zudem ein paar gespannte Stoffbahnen in Gelb und Blau über die Köpfe des Blocks.

Torjubel nach dem 0:2


Auf der anderen Seite gibt es auch ähnliches zu Berichten. Der Supporter-Block, welche hinten an der Wand mit „Real Osaka Ultras“ angeschrieben ist, war komplett gefüllt. Sehr viele Fahnen wurden während dem Spiel geschwungen und auch die Cerezo-Gesänge waren laut und abwechslungsreich. Vor dem Einlauf der Spieler wurde die Clubhymne abgespielt, welche insbrünstig vom ganzen Stadion mitgesungen wurde. Der interessanteste Moment in Sachen Support ereignete sich jedoch nach dem Spiel, als viele Fans bereits auf dem Weg nach draussen waren. Von Seite der Heimfans hörte man auf einmal Anfeuerungsrufe und ein Song von Sendai, auf welchen die Gästefäns mit einstimmten. Danach wechselte das Ganze, so dass die Sendai-Fans mit einem Song von Osaka antworteten. Beidemal wurde das ganze am Ende von beiden Seiten beklatscht. Auch wenn ein wenig Hass gegenüber dem Gegner zum Fussball gehört, diese Geste fand ich trotzdem sehr schön und speziell. Fast wie früher, als man nach einem Sieg im Hardturm jeweils die GC-Lieder zum Besten gab, während man im Tram Richtung Bahnhof fuhr und die Glocke im Tramwagen bimmeln lies.

Fans von Cerezo Osaka


Nach dem Spiel ging es für mich wieder Richtung Hotel, wo ich erst um 19.30 Uhr eintraf. Immerhin konnten wir nun noch unser Zimmer für eine weitere Nacht verlängern, so dass wir nun morgen den ganzen Tag Zeit haben für Besichtigungen in Kyōto, bevor es danach weiter geht nach Tokyo und zum nächsten Highlite.


Weitere Fotos von heute: 
















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